vendredi 22 avril 2011

Diag Human-Verfahren: Staatliche Verzögerungsmaßnahmen treiben Entschädigungssumme in die Höhe

Die tschechische Regierung gerät nach der wegweisenden Entscheidung eines Schiedsgerichts zu ihren Ungunsten im Jahr 2008 immer stärker unter Druck. Der Betrag, den der Staat schließlich zahlen müssen wird, steigt Tag um Tag.

Wie der Prague Daily Monitor berichtet, wurde die tschechische Regierung 2008 von einem Schiedsgericht zur Zahlung eines Betrags von über 8 Mrd. CZK an das vom schweizerisch-tschechischen Geschäftsmann Josef Stava (Josef Šťáva) geführte Blutplasma-Unternehmen Diag Human verurteilt. Seitdem das Urteil ergangen ist, hat der Staat jedoch alles in seiner Macht Stehende unternommen, um die Zahlung hinauszuzögern. Unter anderem wurde wiederholt versucht, den Fall abweisen zu lassen.

Das Schiedsgericht sieht die Hinauszögerung der Zahlung durch den Staat äußerst kritisch. Es weist darauf hin, dass der zugesprochene Schadensersatzwert mittlerweile das 66-fache der Summe beträgt, die der Staat bei einer sofortigen Beilegung des Falls zu zahlen gehabt hätte.

Einschließlich Zinsen beläuft sich der Gesamtbetrag, den der tschechische Staat Diag Human schuldet, mittlerweile auf ca. 10 Mrd. CZK (entspricht etwa 411 Mio. EUR). „Jeder weitere Tag , der verstreicht, kostet den Staat um die 1,2 Mio. CZK“, sagt Jan Urban, tschechischer Journalist, Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft und Autor des 2007 erschienenen Buchs Tunel plný krve - aneb kauza Diag Human (übersetzt etwa: „Der blutgefüllte Tunnel oder der Fall Diag Human“).

Der Sozialdemokrat Vladimir Spidla, ab 2002 Ministerpräsident der Tschechischen Republik, erklärte seinen Unwillen zur Zahlung des Betrags von 2 Mrd. CZK in einem Interview mit Jan Urban im Jahr 2001 so: „Ich hielt es für unmoralisch, dass ein einziger Mensch so viel Geld besitzen soll.“ Ironischerweise schuldet der Staat Josef Stava heute, zehn Jahre später, einen fünfmal so hohen Betrag.

Dies ist nicht der erste Fall, in dem der tschechische Staat ein wichtiges Schiedsgerichtsverfahren verliert. Vor kurzem unterlag der Staat in einer Berufungsverhandlung in einem Schiedsgerichtsverfahren gegen die Firma CME des US-Geschäftsmanns Ronald Lauder. Diese Firma hatte Berichten zufolge den Start des kommerziellen tschechischen Fernsehsenders Nova finanziert. Aufgrund der Entscheidung des Schiedsgerichts wurde der tschechische Staat zur Zahlung von rund 10 Mrd. Kronen angewiesen.
Über den komplexen Hintergrund des Schiedsgerichtsverfahrens im Fall Diag Human haben ausländische Nachrichtenquellen seit den Anfängen 1995 kaum berichtet. Am Anfang stand ein scheinbar einfacher Handelsstreit zwischen dem schweizerisch-tschechischen Geschäftsmann Josef Stava und der postkommunistischen Tschechischen Republik. Dabei ging es um den Verdacht des rechtswidrigen Eingriffs von Seiten des Gesundheitsministeriums in das Blutplasmageschäft Stavas. Die Auseinandersetzung entwickelte sich schnell zu einem Alptraum von hoher politischer Brisanz, der sechzehn Jahre später den Zusammenbruch der tschechischen Koalitionsregierung herbeiführen könnte.

Im Laufe des Schiedsgerichtsverfahrens hat der tschechische Staat nachweislich mehrmals seine internen und externen nachrichtendienstlichen Quellen gegen den Kläger eingesetzt und dabei eindeutig gegen seine eigene Verfassung verstoßen. Von 1995 bis heute ist der Streitwert des Falls fast um das Siebzigfache gestiegen. Das hat einen einfachen Grund: Kein Politiker dieses EU-Mitgliedsstaates würde es jemals wagen, die Rechtsgültigkeit vier aufeinanderfolgender Schiedsgerichtsentscheidungen anzuerkennen, die bestätigen, dass der tschechische Staat gegen seine eigenen Gesetze verstoßen, das Geschäft eines privaten Staatsbürgers vorsätzlich ruiniert und mit dessen Wettbewerbern konspiriert hat – und dass der dadurch von ihm verursachte Schaden der Wiedergutmachung bedarf.

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